Kirche wird für ihre Mitglieder nicht teurer

Kirchenkreisamtsleiter Uwe Neumann

Ein Gespräch zur Kirchensteuer mit Kirchenkreisamtsleiter Uwe Neumann

Was wird das neue Jahr mir bringen – diese Frage stellten sich viele Menschen zum Jahresbeginn. Manchmal bringt der Jahreswechsel insbesondere finanzielle Veränderungen mit sich; durch Gesetzesänderungen oder Anpassungen des Steuerrechts können diese Veränderungen sowohl positiv als auch negativ ausfallen. Verunsichert haben viele Bankkundinnen und -kunden in den letzten Wochen des vergangenen Jahres ein Schreiben ihres Geldinstitutes zur Kenntnis genommen, das in manchmal schwer verständlicher Form auf ein verändertes Verfahren beim Einzug der Kirchensteuer hinweist.  Andrea Hesse, Öffentlichkeitsreferentin des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Burgwedel-Langenhagen, hat diese Situation zum Anlass genommen, bei Uwe Neumann einmal genau nachzufragen. Uwe Neumann ist Leiter des Kirchenkreisamtes in Burgwedel und Fachmann für alle Fragen rund um kirchliche Finanzen.

Herr Neumann, zuerst die Frage, die manche Kirchenmitglieder am meisten beschäftigt: Gibt es eine neue Kirchensteuer oder wird die bestehende Steuer erhöht?

Beide Fragen beantworte ich mit einem klaren Nein: Es gibt weder eine neue Steuer noch wird die vertraute Kirchensteuer zum Jahreswechsel erhöht.

Warum haben die Banken dann ihre Kundinnen und Kunden angeschrieben und auf Veränderungen hingewiesen?

Die Institute weisen ihre Kundinnen und Kunden darauf hin, dass sie die Kirchensteuer auf Kapitalerträge ab dem 1. Januar 2015 automatisch einbehalten werden, ohne dass dafür ein gesonderter Antrag gestellt werden muss. Dabei geht es lediglich um die Vereinfachung des bestehenden Verfahrens. Die Banken sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Kundinnen und Kunden über diese Veränderung zu informieren.

Woher kommt dann die Verunsicherung der Kirchenmitglieder, von der viele Pastorinnen und Pastoren und die Gemeindesekretärinnen in unserem Kirchenkreis berichten?

Die Steuergesetzgebung und die Verfahren zur Steuererhebung sind für Menschen, die sich nicht regelmäßig damit beschäftigen, oft schwer zu durchschauen. Bei manchen kommt das Gefühl hinzu, dass steuerliche Veränderungen die Dinge grundsätzlich schlechter machen – die Schreiben der Banken konnten diese Sorgen nicht ausräumen.

Können denn Sie als Fachmann für kirchliche Finanzen die Veränderungen leicht verständlich erklären?

Ich kann es zumindest versuchen und finde eine verständliche Darstellung auch sehr wichtig. Die Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden müssen manchmal als Prellbock für den Ärger von Mitmenschen herhalten – und das haben sie ganz bestimmt nicht verdient.

Und? Wie hört sich Ihr Versuch einer verständlichen Erklärung an?

In den Anschreiben der Banken geht es um die staatliche Steuer, die auf Kapitalerträge erhoben wird, zum Beispiel auf Zinsen, Dividenden oder Kursgewinne. Diese Steuer ist nicht neu: Schon seit dem Jahr 2009 behalten die Banken die Kapitalertragsteuer automatisch ein – wenn der Freibetrag überschritten wird. Solange die Einkünfte aus eigenem Kapital unter 801 Euro für Alleinstehende oder 1.602 Euro für Ehepartner bleiben, werden darauf weder Kapitalertragsteuer noch Kirchensteuer fällig. Liegen die Einkünfte aus dem eigenen Kapital darüber, wird die staatliche Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent direkt von den Banken an die Finanzämter abgeführt.

Das erscheint klar und verständlich – aber bis jetzt geht es ja noch gar nicht um die Kirchensteuer.

Die kommt beim nächsten Schritt ins Spiel: Auf die staatliche Kapitalertragsteuer wird wiederum die Kirchensteuer in Höhe von neun Prozent erhoben. Bisher wurde sie nur auf Antrag der Steuerpflichtigen direkt von den Banken abgeführt. Wer keinen Antrag stellte, musste die Kapitalerträge zur Festsetzung der Kirchensteuer in der jährlichen Steuererklärung angeben. Ab dem kommenden Jahr ist ein solcher Antrag nicht mehr nötig: Die Banken bekommen in verschlüsselter Form eine Mitteilung über die Kirchenzugehörigkeit ihrer Kundinnen und Kunden und leiten die Kirchensteuer automatisch an die Finanzämter weiter.

Geht es die Banken denn etwas an, ob ich evangelisch oder katholisch bin? Vielleicht möchte ich ja nicht, dass die Mitarbeiterin in der Sparkasse um die Ecke das von mir weiß.

Sie weiß das auch in Zukunft nicht: Aus der Mitteilung an die Banken ist nicht erkennbar, welcher Religionsgemeinschaft die jeweilige Kundin oder der Kunde angehört; dies ist ein wichtiger Aspekt des Datenschutzes. Wer trotzdem nicht möchte, dass seine Kirchenmitgliedschaft an die Bank gemeldet wird, kann dem automatisierten Verfahren widersprechen. Er oder sie muss dann die entsprechenden Angaben in der Steuererklärung machen – so, wie es bislang auch schon war.

Wird denn die Höhe der Kirchensteuer mit der Einführung des neuen Verfahrens zum 1. Januar 2015 verändert? Es wird ja alles teurer …

Nicht alles. Kirche wird für ihre Mitglieder nicht teurer: Der Anteil der Kirchensteuer an den Kapitalerträgen genauso wie am Einkommen bleibt unverändert.

Es gibt auch in unserem Kirchenkreis Befürchtungen, dass die nicht immer verständlichen Anschreiben der Banken zu Austritten aus der Kirche führen könnten. Gibt es dafür einen Anlass?

Jedes einzelne Mitglied, das uns verlässt, hat sicherlich seine Gründe für diesen Schritt. Die Veränderungen bei der Abführung der Kirchensteuer aber bieten keinerlei Anlass, der Kirche den Rücken zu kehren. Für uns ist es traurig, dass es trotzdem zu Irritationen bei unseren Mitgliedern gekommen ist.

Herzlichen Dank, Herr Neumann. Vielleicht trägt dieses Gespräch dazu bei, die Verwirrung wieder zu entwirren. 

Andrea Hesse

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